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"Fürchte dich nicht vor plötzlichem Schrecken ..., denn der Herr ist deine Zuversicht."
Sprüche 3, 25-26
Mein Name ist Julia.
Ich bin 1978 in Wernigerode als erstes Kind (von 4 Mädchen) geboren.
Mein Mann Andreas und ich sind seit September 2004 verheiratet und haben
4 gemeinsame Söhne (7-12 Jahre - Stand: März2018).
Im Januar 1979 wurde ich als Baby getauft.
(Taufspruch: „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, wozu du berufen bist und bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen.")
Mein Vater war damals Heimleiter und meine Mutter Krankenschwester in einem Hospital, in dem wir auch direkt wohnten
bis wir 1993 - ich war ungefähr 15 Jahre alt - in einen Nachbarort in ein altes Pfarrhaus zogen.
Obwohl wir immer vor dem Essen beteten, fast jeden Sonntag in
die Kirche gingen und wir Kinder regelmäßig die Christenlehre besuchten, glaubte ich zwar von Anfang an, dass es einen Gott gibt, aber es interessierte mich nicht weiter - ich hatte einfach keinen persönlichen Bezug zu IHM. Und außerdem wollte ich nicht anders sein als meine Freunde ... es reichte mir schon, dass ich (wahrscheinlich die erste an unserer ganzen Schule) war, die KEIN Pionier war und deshalb z.B. bei Appellen immer ganz hinten stehen musste ... um das Bild der „menschlich eingeführten Ordnung nicht zu zerstören“ ... wobei ... anfangs dachte ich immer, ich solle hinten stehen weil ich so groß war
Trotz allem hatte ich aber eine sehr glückliche - und rückwirkend gesehen - auch eine sehr gesegnete Kindheit. Von meinen Klassenkameraden wurde ich nicht ausgegrenzt, sie standen mir sogar sehr forsch zur Seite, als mich in der 5. Klasse (kurz vor der Wende) eine Lehrerin zum x. mal tadelte „wo denn mein Halstuch sei?“ ...
1989: Mit der Wende kam ich auch in ein Alter, in dem ich Jungs immer interessanter fand. Ich hatte irgendwie schon immer die Gewissheit, dass ich einmal heiraten werde und (nicht nur 1 oder 2) Kinder haben werde ... ich weiß bis heute nicht woher das kam.
Somit dachte ich auch, als ich meinen ersten Freund aus einem Nachbardorf hatte, dass wir eines Tages heiraten werden und mehrere Kinder haben ... Das dachte aber nur ich - er schickte nach 2 Wochen einen Freund und ließ mir ausrichten „dass am kommenden Wochenende ein Schützenfest stattfindet und er könne sich ja nicht mit anderen Mädels unterhalten, wenn er eine Freundin hat“ ...
Wie rücksichtsvoll ...
Nun ja, das ging dann leider immer so weiter, dass ich mit jedem neuen Freund den ich hatte dachte, das ist jetzt der, den ich heirate ... Ich denke - niemand von ihnen hatte je die Absicht mich zu heiraten ...
Und irgendwann, ich muss um die 19-20 Jahre alt gewesen sein, fuhr ich eines Abends - es war sehr dunkel und regnete - mit meinem dunklen Golf III auf einer Landstraße nach Wernigerode und dachte so über mein bisheriges Leben nach ...
Ich fühlte mich nicht sehr wohl und war enttäuscht.
Ich sah die „Suche nach dem richtigen Ehemann“ mit einem mal als „reine Zeitverschwendung“, was hätte ich alles in der Zeit Sinnvolles tun können ...
Meine Gedanken richteten sich zu Gott und da ich ganz ungestört war, schimpfte ich zum ersten Mal laut:
„Wo ist denn jetzt der Mann, den ich mal heiraten werde? Zeig ihn mir, mach es mir deutlich! Ich habe keine Lust mehr zu suchen und immer wieder enttäuscht zu werden!“
Währenddessen weinte ich auch hemmungslos ...
Und als ich später wieder zu Hause bei meinen Eltern in meinem Zimmer auf dem Bett saß, dachte ich wieder darüber nach:
„Ob mich Gott gehört hat? Interessiert es IHN eigentlich? Es gibt so viel Leid auf der Welt und ich habe nichts Besseres zu tun, als ihn anzuklagen wegen eines „Noch-nicht-gefundenen-Ehemannes“ ...
Meine Gedanken wanderten zu dem „frommen Teil“ unserer Familie ...
Es war mir immer etwas unangenehm bis sogar peinlich wenn diese uns besuchten, aber nicht weil sie sich unangenehm verhielten, sondern weil sie so ganz anders waren ... Was, wenn sie recht hatten mit dem, „dass wir auf Gottes Wegen gehen sollten“ ... Was heißt das überhaupt „Auf Gottes Wegen gehen?“ ...
(Sie ermahnten niemanden dazu, sie lebten es. Zumindest kam es bei MIR so an ...)
Ich dachte an Oma mütterlicherseits.
Meine Mutter erzählte mir mal, dass Oma Schilddrüsenkrebs hatte und da man ihr damals menschlich gesehen, nicht mehr helfen konnte, wollte sie zu Hause sein, wenn Gott sie heimholt.
Mein Opa war Diakon, erst in Radebeul und zu dem Zeitpunkt als meine Oma den Krebs hatte, wohnten sie in Woltersdorf bei Berlin. Er kam gerade von seinem Dienst nach Hause und sah seine Frau auf der Couch liegen und musste feststellen, dass sie nicht mehr atmete. Verzweifelt rüttelte er sie und rief ihren Namen: „Hildegard, Hildegard!“
Sie kam tatsächlich wieder „zu sich“ und fragte ihn warum er das gemacht hat, sie wolle doch zu unserem HERRN Jesus gehen. Sie erzählte ihm dass sie schon aus ihrem Körper heraus war und dass sie ihn von oben her sehen konnte, als er zur Tür hereinkam.
Als sie zum 2. Mal einschlief und nicht mehr atmete, rüttelte er sie wieder und rief sie. Er konnte sie einfach nicht gehen lassen.
Er liebte und brauchte sie sehr.
Als sie wieder zu sich kam war sie schon ziemlich energisch und bat ihn, sie endlich zu unserem Herrn Jesus gehen zu lassen. Er musste ihr versprechen, dass er das nicht noch einmal tut.
Es fiel ihm sehr sehr schwer, aber diesmal - ließ er sie gehen.
Ich stellte mir vor, wie sie von oben herunter schaut und stellte mir gleichzeitig die Frage „ob ich das überhaupt darf, mir das so vorzustellen“, denn ich hatte mal gehört, dass man zumindest nicht mit Verstorbenen reden soll - gut, das hatte ich ja nicht ;)
So viele Fragen die plötzlich auf mich einschlugen und dann sah ich in meinen Gedanken meine Oma, wie sie von „da oben“ mit erhobenem Zeigefinger zu mir sagte: „Wenn du nach Antworten von Gott suchst und SEINE Wege kennenlernen willst, dann fang endlich an die Bibel zu lesen!“
Wow! Das war mir so eindrücklich, dass ich doch gleich aufgestanden bin und meine Mutter fragte:
„Mutti, haste mal ́ne Bibel für mich?“
Sie sah mich an, als überlegte sie „Hat sie das jetzt gefragt, oder ist es mein Wunsch dass sie das fragt?“, dann eine Reaktion in ihrem Gesicht, als hätte sie gerade einen Engelschor gehört, der das ganze Zimmer mit einem „Halleluja“ ausfüllte - sie rannte schnell irgendwohin, dahin, wo sie womöglich eine Bibel finden würde und kam ziemlich schnell mit gefühlten 10 Bibeln zurück und fragte mich: „Welche willst ́n haben, eine „Luther“, „Elberfelder“, hier ist noch ́ne „Schlachter“ und ́ne „Hoffnung für alle“ ...“
Ich muss sagen, ich war etwas überfordert, denn ich wusste nichts mit diesen vielen Namen anzufangen, bis dahin glaubte ich es gäbe nur EINE Bibel ...
Sie erklärte mir dann, dass das nur verschiedene Leute waren, die die Bibel ins Deutsche übersetzt hatten, aber der Inhalt im Großen und Ganzen der Gleiche sei und empfahl mir dann die „Hoffnung für alle“ für den Einstieg.
Die nahm ich dann auch.
Zuerst rief ich meinen Opa an und wollte von ihm wissen, wo man denn da so anfängt mit lesen.
Er schien mir perfekt für Fragen in Bezug auf die Bibel, schließlich war er ja Diakon ...
Ich wusste zwar nicht so genau was ein Diakon ist, aber es klang erst mal fromm ^^ ...
Er meinte dann: „Bloß nicht im Alten Testament anfangen, da könnte man schnell die Lust am Lesen verlieren, denn dort kommt erst mal ganz viel: „Er lebte, zeugte und starb. Er lebte, zeugte und starb. Und so weiter.“,
womit er die aufgeschriebenen Ahnenreihen meinte ...
So fing ich also im Neuen Testament an zu lesen und immer wenn ich Fragen hatte rief ich meinen Opa an, worüber er sich wohl auch sehr freute (nach ca. 20 Jahren fast ohne Bezug zu ihm meinerseits) und er gab mir immer wieder gute Beispiele, um die Geschichten und Dinge in der Bibel besser zu verstehen ...
Einmal fragte ich meinte Mutter, wie das zu verstehen sei, das „mit der Ewigkeit“ ...
Sie meinte: „Naja, für uns Menschen ist es schwer sich das vorzustellen, weil Gott unseren Verstand begrenzt hat, aber in der Bibel steht, dass es in der Ewigkeit KEIN Ende geben wird. Und im Himmel KEIN Tod, KEINE Trauer, KEIN Hass, KEINE Schmerzen ... WENN:
wir JESUS als unseren Erlöser annehmen und bekennen, dass ER für unsere Sünden - mit seinem Tod am Kreuz - bezahlt hat! ...
Meine Augen weiteten sich und mir schoss sofort eine weitere Frage heraus: „Und die anderen? ...die NICHT an Jesus glauben?“
Sie schluckte und sagte etwas leise: „In der Bibel steht, dass sie die Ewigkeit in der Hölle verbringen werden.“
Ich musste plötzlich an meinen ganzen Freundeskreis denken und überhaupt an alle, denen ich irgendwann einmal begegnet war und hatte einen riesen Kloß im Hals ... Mich überfiel zum ersten Mal eine unendliche Traurigkeit gegenüber - ich glaube ALLEN Menschen - selbst denen, die ich bisher nicht so sehr mochte ...
Nachdem ich eine Ausbildung zur „Kauffrau im Einzelhandel“ abgeschlossen hatte und im Großhandel weitere 4 Jahre arbeitete, beschloss ich mich in Bayern als „Zimmermädchen“ zu bewerben. Ich wollte noch mal was anderes machen ... wozu es aber nie kam...
Denn, als ich meiner Mutter im November 2002 freudestrahlend von meinem Vorhaben erzählte, welches schon im Dezember hätte anfangen sollen, war sie voll und ganz dagegen und sagte:
„Aber Ende Dezember ist doch die Silvester-Rüstzeit in Schönebeck im Schniewindhaus. Ich hab extra mit Tante Annemarie gesprochen und sie meinte, dass Onkel Peter für euch noch einen Platz organisiert hat, weil da immer alles schon im Juni ausgebucht ist. Ihr könntet bei Beate schlafen.“ Beate ist meine Cousine und wir hatten bisher nicht wirklich viel Kontakt. Ich wusste gar nicht so recht was ich da sollte.
Sie überredete mich schließlich mit den Worten: „Nicht, dass du es später bereust „nicht hingefahren zu sein“, das geht nämlich nur bis zu einem bestimmten Alter und außerdem fährt Gabriela nur hin, wenn DU hinfährst.“
Gabriela ist meine jüngste Schwester, wir sind ca. 6 Jahre auseinander, verstanden uns aber schon immer ganz gut.
Und dann kam der Tag als es losging ... nach Schönebeck ... ins Schniewindhaus ...
Gabriela und ich waren regelmäßige „Solarium-Gänger“, es war uns wichtig vorher noch einmal etwas Bräune „aufzulegen“.
Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich auch nicht ungeschminkt aus dem Haus gehen ...
Obwohl unser Onkel dort Jugendpfarrer war, hatten wir absolut keine Beziehung dorthin, weder zu unseren Cousinen, zu Onkel Peter noch zum Schniewindhaus. Ganz zu schweigen davon, dass wir nie Kontakt hatten zu CHRISTLICHEN JUGENDLICHEN.
Wir hatten uns zur Hinfahrt mächtig amüsiert darüber, was uns da wohl erwartet ...
In unseren Gesprächen im Auto, bei mindestens einer Zigarette, malten wir uns die bevorstehenden Situationen aus: „Sie werden dort bestimmt mit einem Dauergrinsen rumlaufen, die Mädels alle mit langem Rock bis zur Erde und ́ne „Halleluja-Zwiebel“ in den Haaren ...“
Was haben wir gelacht.
Dort angekommen, schauten wir nochmal in den Spiegel, ob alles richtig sitzt – nochmal Lipgloss drauf, einen Kaugummi in den Mund gestopft und etwas „Laura Biagiotti“ an die Klamotten, damit man wegen des Zigarettenrauches nicht gleich so auffällt :D
Als Nichtraucher weiß ich jetzt, dass man es trotzdem riecht ...
Wir gingen langsam und unsicher in Richtung Hof des Ganzen, wussten nicht so recht wo wir uns melden mussten, als wir Musik hörten.
Lifemusik, mit Instrumenten die ich DORT nicht erwartet hatte ... Schlagzeug, E-Gitarre, E-Bass und so weiter.
Durch große Fenster konnten wir etwas undeutlich die Band erkennen. „Oh“, dachte ich, „na das hört sich ja schon mal gut an“.
Unsere Cousine Beate kam dann zu uns und zeigte uns erst mal alles. Wir waren froh, wenigstens einen „zu kennen“.
Nach und nach „gewöhnten“ wir uns an das alles und mussten feststellen, dass diese Jugendlichen ganz normal waren, nur eben
mit Jesus, was die Atmosphäre für mich irgendwie leichter erscheinen ließ. Gabriela und ich lachen „von Natur aus“ viel und das! konnte man dort sehr gut mit den Jugendlichen, ja sogar mit den Schwestern!
Wir hatten überhaupt nicht das Gefühl, dass uns jemand etwas „vorspielt“ ... Ganz im Gegenteil, ich hatte eher das Gefühl dass ICH mir die ganze Zeit was „vorgespielt“ hatte um in der Gesellschaft dazu zu gehören ... Hier konnte man der sein, der man ist ... Das gefiel mir sehr gut!
Die Rüstzeit ging über ca. 5 Tage, es gab dort einige Workshops.
In jedem Workshop gab es ein anderes Thema, in denen wir viel von Gottes Wort hörten. Es war sehr lebendig erzählt worden, unter anderem hörte ich, dass es wichtig wäre für ein Leben mit Jesus, dass man IHN auch „annimmt“.
In der Gruppe sprachen wir dann ein „Übergabe-Gebet“, das heißt, ich übergab mein Leben Jesus und lud ihn ein, mein Herz so zu verändern, dass es Gott gefällt.
Einmal kam ich etwas zu spät in den Saal, wo gerade jemand predigte und ich fand nur noch zwischen den Schwestern einen Platz. Und als ich da so saß, gab es einen Augenblick indem ich zur Band sah - genauer: zum E-Bassisten, der zufällig im selben Augenblick zu mir sah. Wir grinsten uns an. (Heute sagt er, er hätte sich gleich verspielt nach dem Blickkontakt. Ich hatte es nicht bemerkt).
Als er später dann mal irgendwann neben mir stand, unterhielten wir uns, als würden wir uns schon ewig kennen ...
Es war Andreas – mein heutiger Ehemann und Vater unserer 4 gemeinsamen Söhne.
Wie gut, dass ich meiner Mutter gehorsam war und dorthin gefahren bin ...
„Trachtet zuerst nach Gottes Reich, dann wird euch alles zufallen!“ ... (unser Trauspruch, Mt.6,33)
Als ich nach dieser Rüstzeit zu Hause - in meiner bereits eigenen Wohnung - angekommen war, hatte ich ein dringendes Bedürfnis „auszumisten“. Meine ganzen Schränke bin ich durchgegangen und hab alles weggeschmissen, was mir für mein neues Leben in dem Weg stehen könnte: Liebesbriefe, Fotos von Jungs, Kassetten von Nirvana und so weiter, danach fühlte ich mich schon viel freier. Währenddessen stellte ich mir immer wieder die Frage, ob das wirklich so einfach ist, das mit der Vergebung ...
„Man bittet Gott um Vergebung und alles ist weg?“
Ich legte mich auf die Couch und las ein Buch weiter, welches ich schon angefangen hatte zu lesen. Es hieß „Jesus unser Schicksal“ von einem Pfarrer namens Wilhelm Busch.
Ich weiß gar nicht mehr so genau was da alles drin stand, aber EIN Satz sprang mich förmlich an und ließ mich in eine so Art „Starre“ fallen. Ich hatte keine Kraft mehr das Buch zu halten, ließ es los und musste mich erst mal ein paar Minuten „davon erholen“.
Der Satz lautete:
„Und ich sage dir, dir SIND deine Sünden vergeben!“ Es war, als hätte jemand aus dem Buch heraus zu mir geredet ... So etwas hatte ich vorher noch nie erlebt.
Als ich jemandem von diesem Erlebnis erzählte, der schon länger mit Gott war, lachte er fröhlich und meinte: „Ja, so spricht Gott zu dir!“
Am Abend rief mich eine Freundin an, (sie stand bereits an meiner Haustür, wie sich bald herausstellte) und fragte mich, ob ich mit ins „Humphrey“ komme, das ist eine kleine Musikbar in Wernigerode.
Merkwürdig, ich hatte überhaupt keine Lust mehr, Orte wie Discotheken oder Musikbars aufzusuchen ... Es war mir nicht mehr wichtig ...
Sie versuchte mich zu überreden und plötzlich hatte ich eine - wie ich fand - fantastische Idee: Ich kann ja mitkommen und irgendjemandem von Jesus erzählen. Und so war es auch ...
Eine meiner Freundinnen meinte, ich hätte mich um 180° gewandelt und viele wunderten sich sehr ...
Andreas ist das 4. von 5 Kindern eines Pfarr-Ehepaars aus der Altmark.
Ca. 1 Jahr nachdem wir uns das erste Mal sahen, fragte er mich nach dem Krippenspiel, ob ich seine Ehefrau werden will.
Was ich natürlich „bejahte“.
Ein weiteres 3⁄4 Jahr später heirateten wir und ca. 1 Monat nach der Hochzeit wurden wir mit unserem ersten Sohn schwanger.
Ich verlor nie das Interesse am Bibel lesen und war immer noch im regelmäßigen Kontakt mit meinem Opa. Manchmal stellte ich mir die Frage, was ich wohl mal mache, wenn er nicht mehr hier ist ...
Gut, mein Schwiegervater ist Pfarrer, aber irgendwie war das für mich nicht dasselbe ...
Im Februar 2014 kam dann die Nachricht, Opa sei im Krankenhaus, ihm geht es nicht gut.
Er erzählte mir noch in einem der letzten Telefonate, dass er jetzt seit 15 Jahren bösartigen Prostatakrebs hat und dass sein Arzt ihn für ein „lebendes Wunder“ hält. Das mit dem Krebs hatte er nie erwähnt, oder hatte ich nicht richtig zugehört?
Ich überlegte wie lange es her war, als ich ihn das erste Mal anrief - es waren 15 Jahre ...
Am 26. Februar ist er dann heimgegangen und auf der Fahrt nach Bräunsdorf zu seiner Beerdigung, hörte ich in Gedanken immer wieder seine Worte, die er immer sagte als er sich am Telefon verabschiedete: „Nun macht ́s mal gut der Weile!“
Ja, den Eindruck hatte ich auch, dass wir uns wiedersehen werden, aber traurig war ich schon sehr. Es war, als würde Gott zu mir sagen „Nun musst du lernen auf eigenen Beinen zu stehen und deine eigenen Erfahrungen mit mir machen.“
Zu der Zeit las ich schon eine Weile im Alten Testament, nachdem ich mir vorgenommen hatte, jetzt zum ersten mal alles von vorne zu lesen und ich war gerade im 2. Buch Könige. Es ging um König Hiskia.
Er war einer der wenigen Könige, von dem geschrieben steht:
„Er tat, was dem HERRN wohlgefiehl, ganz wie sein Vater David.“
Im 20. Kapitel wird berichtet, dass Hiskia todkrank wurde. Und der Prophet Jesaja kam zu ihm und sprach: „So spricht der HERR, bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht am Leben bleiben.“
König Hiskia wandte sein Antlitz zur Wand und betete zum HERRN: „Ach HERR, gedenke doch, dass ich vor dir in Treue und mit rechtschaffenem Herzen gewandelt bin und getan habe, was dir wohlgefällt.“ Und Hiskia weinte sehr.
Als aber Jesaja noch nicht zum mittleren Hof hinausgegangen war, kam des HERRN Wort zu ihm: „Kehre um, und sage Hiskia, dem Fürsten meines Volkes: „So spricht der HERR, der Gott deines Vaters David: Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen, siehe ich will dich gesund machen - am dritten Tage wirst du hinauf in das Haus des HERRN gehen - und ich will 15 Jahre zu deinem Leben hinzutun und dich und diese Stadt erretten ... um meines Knechtes David Willen ...
„Wow!“, dachte ich, „da waren sie schon wieder, die 15 Jahre“.
Ich hatte keine Ahnung was (oder ob überhaupt) das mit den 15 Jahren auf sich hat oder haben könnte, aber hier war ich mir sicher,
dass Gott jeden einzelnen im Blick hat und sehr wohl weiß was ER tut. Wir können es nicht verstehen - SEINE Wege sind nicht unsere Wege und SEINE Gedanken sind nicht unsere Gedanken. (Jesaja 55,8)
Und ich dankte Gott, für die Zeit, die ER mir mit meinem Opa geschenkt hatte, in der er mir viel von der Liebe Jesu erzählte und IHN mir näher brachte.
"Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende." (Jes. 55,10-11)
Ich hatte etwas Mühe damit, mich daran gewöhnen zu müssen, dass ich jetzt nicht einfach mal mehr so sagen konnte „Ich ruf mal Opa an“ ... Denn die nächsten Fragen kamen schon bald.
Das Jahr 2014 war vorbei und ich erinnere mich an die Silvesternacht zu 2015. Ich stand vor unserem Haus in der Altmark und dachte über das vergangene Jahr nach - so lange war es jetzt schon wieder her, dass Opa von uns gegangen ist ...
„Mal sehen, was das erste Jahr ohne Opa so mit sich bringt ...“
Ich war schon immer ein glücklicher Mensch und sah in allen Dingen auch immer etwas Positives. Umso weniger konnte ich es verstehen,
wie plötzlich so viele Menschen in unserem Bekanntenkreis von „Depressionen und Bourn-Out“ zu tun hatten. Ich posaunte es nicht heraus, aber ich war felsenfest davon überzeugt: „Zum Glück kann MIR das nicht passieren, dafür bin ich viel zu glücklich“ ...
(„Felicitas - die Glückliche“ ... auch tatsächlich mein zweiter Vorname :D )
Im Februar 2015 wurde unser jüngster Sohn schon 4 Jahre alt - wo sind die Jahre geblieben? Und mein Wunsch nach weiteren Kindern rückte in meinem Inneren wieder sehr weit nach vorne, aber ich wusste, ich muss diesen Wunsch irgendwie verdrängen, und freute mich an unseren 4 Söhnen. Ich wollte nicht egoistisch sein, mein Mann und ich waren uns ja schließlich auch einig, dass man mit 4 Kindern schon ganz gut zu tun hat. Er arbeitet in einem Kinderheim und wenn er nach Hause kommt hat er kaum Ruhephasen, da unsere Kinder ja auch noch was von ihm haben wollen ...
Die Gedanken kamen aber immer wieder: „Und wenn doch?“ Ich befand mich irgendwann in einem „Gedankenkarussell“ wieder und es mischten sich Fragen unter, wie „War das alles?“ - als würde das Leben nur aus „Kinder kriegen“ bestehen ...
Bald fragte ich mich nach dem Sinn MEINES Lebens und mich beschäftigten auf einmal Fragen wie: „BIN ich überhaupt ein Kind Gottes?“, „Hat meine Taufe überhaupt Gültigkeit?“, „Ist der Heilige Geist in mir, oder bilde ich mir das alles nur ein?“ ...
Und mit einem Mal befand ich mich mitten in einer Depression ... Ich war erschrocken, als ich darüber nachdachte ...
Im Frühjahr 2015, ich saß am Computer und sah mir Basecaps bei eBay an - ich suchte ein schönes weisses für den Sommer. Mittendrin in den vielen Angeboten sah ich auch immer mal wieder Kopftücher, die mich auf die Gedanken brachten „zur Abwechslung mal ein Kopftuch“ zu tragen ... Ich suchte nun also gezielt nach schicken Kopftüchern. Ich fand eins. Aber in der Beschreibung stand unter anderem das Wort „Chemotuch“ ... das verunsicherte mich etwas, aber ich setzte es erstmal auf „Beobachten“. Für 30€ wollte ich nichts „ausprobieren“, da muss ich mir schon sicher sein, dass ich es dann auch trage.
Danach dachte ich über die Krankheit „Krebs“ nach, wie viele doch heutzutage Krebs haben ...
Jedenfalls war ich eines Tages so weit unten, dass ich doch tatsächlich zu meinem Mann gesagt habe: „Mir ist grad alles scheißegal, auch wenn ich jetzt Krebs kriegen würde und sterben müsste.“ Danach dachte ich „Was sage ich da? Worte haben Macht!“, mein Mann hatte mich ganz erschrocken gefragt: „Und dann? Stehst du auch nur vor Gott! Was dann?“, „Ja, da hast du auch wieder recht!“, sagte ich.
Am Telefon erzählte ich meinem Schwiegervater von meinen Gedanken, ob meine Taufe gilt und ob ich mir das vielleicht nur einbilde, dass ich ein Kind Gottes bin.
Er hatte mich beruhigt und verwies mich auf den 1. Brief des Paulus an die Korinther, wo es im 12. Kapitel heißt:
„Ihr wisst: als ihr Heiden wart, zog es euch mit Macht zu den stummen Götzen. Darum tue ich euch kund, dass niemand Jesus verflucht, der durch den Geist Gottes redet; und niemand kann Jesus den Herrn nennen, außer durch den Heiligen Geist.“
Danach ging es mir deutlich besser, denn DAS konnte ich wohl.
Der Sommer ging langsam zu Ende, die Einschulung unseres 3. Sohnes hatten wir auch schon hinter uns gelassen, als mein Mann im September seinen langersehnten 4-wöchigen Reha-Aufenthalt antrat.
Eines Tages bin ich beim „sauber machen“ in unserem Esszimmer und sang schon eine ganze Weile immer ein und dasselbe Lied:
Hier bin ich, HERR, tu was du willst mit mir. Du bist mein HERR, ich gehöre dir allein.
Deine Nähe, HERR, gibt mir Sicherheit auf meinem Weg, deine Liebe, HERR, ist es die mich täglich trägt.
Du bist hier. Du bist hier.
Aber mit einem Mal stockte ich und hörte auf zu singen, denn mir war, als würde ich gefragt werden:
„Meinst du das auch so - „Tu was du willst mit mir!“???“
Hui, jetzt musste ich mich erst mal setzen, meine Beine schlackerten etwas ...
Ich dachte über sämtliche Leute in den Geschichten aus der Bibel nach, die Gott gehorsam sein wollten und kam zu dem Entschluss, dass Gott an allen Barmherzigkeit übte und dass es in keiner Geschichte vergeblich war IHM zu vertrauen, auch oder gerade wenn ER einen anderen Weg einschlug, als es seine Kinder wollten. Es diente immer zum Besten, denn ER sieht das Puzzle schon fertig,
wir sehen nur die einzelnen Teile - wenn überhaupt.
Mir kam mein Konfirmationsspruch in den Sinn: „Wir wissen aber, dass denen die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen die nach seinem Ratschluss berufen sind.“ (Römer 8,28)
Ich sagte kurz etwas leise aber entschlossen:
„Ja, HERR, ich meine das so!“ und sang extra kräftig weiter.
Kurze Zeit später hatte ich immer wieder einen Gedanken:
„Wenn du denkst du stehst, sieh zu dass du nicht fällst!“ Ich konnte damit nicht so richtig was anfangen, denn es war für mich nichts Ersichtliches zu erkennen, wo ich fallen könnte. Ich sagte nur: „Herr Jesus, danke für den Tipp, ich kann zwar gerade nicht ganz folgen, aber ich werd ́s mir hoffentlich merken. Hilf DU mir - nicht zu fallen!“
Ca. 1 Woche bevor mein Mann von seiner Reha zurückkam, saß ich am 1. Oktober etwas gelangweilt vor dem Fernseher und zappte herum und blieb - wie so oft - bei BibelTV stehen. Es wurde gerade vom Monatsspruch Oktober erzählt ... Bisher hatten mich Monatssprüche nicht sonderlich interessiert, aber dieser hatte es in sich. Ich war (merkwürdiger Weise) so voller Freude und dachte nur „den muss ich mir merken, um im richtigen Augenblick andere trösten zu können“ ...
„Haben wir Gutes empfangen von Gott, und sollten das Böse nicht auch annehmen?“ (Hiob 2,10)
Ich war so begeistert von diesem Wort, dass ich gleich meine Mutter anrief und ihr davon erzählte ... und am nächsten Tag beim Gemeindenachmittag auch erwähnen musste, wie denn der Monatsspruch von Oktober lautete ...
Am 8. Oktober kam dann mein Mann wieder nach Hause und erzählte mir, dass er in der Rehaklinik ein Gespräch mit einem Psychologen hatte, der ihn fragte, wie wir denn mit schweren Situationen umgehen würden. Mein Mann erzählte ihm, dass wir gemeinsam beten, dass wir dasselbe Fundament haben - nämlich Jesus - und dass wir solche Situationen immer auch als ein „geistliches Wachstum“ betrachten. Das stimmte tatsächlich, aber so hatte ich es noch nie aus seinem Mund gehört und war erst mal beeindruckt und dachte noch eine Weile drüber nach, aber wir hatten ja auch noch keine schweren Zeiten, dachte ich.
Noch am selben Abend, als ich im Bad war, machte ich eine merkwürdige Entdeckung an meiner Brust und mir lief ein Schauer über den Rücken ...
„Was ist das?“ Die Haut war nach innen gezogen. „Das war doch gestern noch nicht“, dachte ich so „oder vielleicht doch ein bisschen, und ich tat es ab?“ Ich war etwas verwirrt.
Schnell versuchte ich auf andere Gedanken zu kommen und redete mir ein: „Ach, ich habe so lange gestillt, vielleicht ist das normal, man wird ja schließlich nicht jünger. Ich war doch erst zur Vorsorge, was soll schon sein?“
Dann redete ich mit meinem Mann darüber, er schaute zwar etwas besorgt, aber meinte dann: „Ach, mach dich nicht verrückt, wird schon nichts sein. Rufste morgen mal an beim Frauenarzt.“
Am nächsten Morgen - es war an einem Freitag, ich hatte es schon fast vergessen, als mich mein Mann daran erinnerte - rief ich bei meinem Arzt an und ich hatte die Schwester am anderen Ende. Ich schilderte ihr alles und fragte ob das normal sei - währenddessen kam mir der Gedanke „Jetzt ruf ich vielleicht wegen einer Nichtigkeit an und halte sie von der Arbeit ab“, aber sie wirkte etwas verhalten und sagte: „Das kann normal sein, sollte aber unbedingt abgeklärt werden. Kommen Sie am besten gleich vorbei, der Doktor hat ab nächste Woche Urlaub.“
Während der Untersuchung mit dem Ultraschall, sagte der Arzt erst mal gar nicht viel. Nach einer Weile dann: „Ich hab eben nochmal nachgeguckt. Sie waren doch erst hier vor ca. 5 Wochen, wir haben uns doch noch unterhalten über Angelina Jolie und so weiter.“ Er schaute und fragte sich immer selbst: „Aber warum denn so groß, und in so kurzer Zeit?“
Ich hatte das Gefühl "ihm ist die Farbe aus dem Gesicht gefallen". Dann meinte er:
„Ich möchte Ihnen lieber etwas anderes sagen, aber meine langjährige Erfahrung sagt mir, dass Sie jetzt mit Allem rechnen müssen.“
Ich lag nur da und erinnerte mich an den Monatsspruch, versuchte cool und gefasst zu wirken und sagte in Gedanken:
„Ja, das gilt für mich jetzt natürlich auch. Ok! Jesus, wo willst du mich hin haben, wo kann ich von dir erzählen?“
Der Arzt ließ sofort Termine in der Frauenklinik vereinbaren.
Während ich mit dem Auto nach Hause fuhr, dachte ich darüber nach wie ich es meinem Mann erzählen sollte ... Und die Kinder? Was werden sie in der nächsten Zeit durchmachen müssen. Ein dicker Kloß setzte sich in meinen Hals und mir liefen ununterbrochen die Tränen ... ich dachte immer „es sei so einfach wenn man Jesus hat“, warum heulte ich jetzt so sehr, dass ich kaum noch gucken kann? Ich versuchte mich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren.
Tief in meinem Inneren wusste ich, ich soll das Böse annehmen, weil Jesus durch mich - Menschen erreichen möchte, mit denen ich sonst nichts zu tun hatte ... zumindest war das meine Erklärung ...
Zuhause angekommen konnte ich gar nicht viel reden, ich versuchte locker zu bleiben, aber ich konnte nicht. Mein Mann nahm mich in seine Arme und versuchte auch gefasst zu wirken. Er rief seinen Vater an und teilte ihm die Neuigkeiten mit, welche er erst mal gar nicht glauben konnte, denn seine eigene Frau befand sich selbst gerade in sämtlichen Untersuchungen, weil man bei ihr ebenfalls einen bösartigen Tumor entdeckte ...
Andreas und ich weinten nun beide, jetzt konnte er es auch nicht mehr aufhalten. Ich sagte: „Ich ruf mal Mutti an und erzähle es ihr.“ Dazu ging ich hoch ins Schlafzimmer und machte mir Gedanken WIE ich es ihr erzählen soll, ich wollte es einfach nicht aussprechen ... da sah ich in Gedanken ein Bild, es war ein buntes Schwungtuch zu sehen und ich lag in der Mitte und ringsherum waren ganz viele Menschen, die das Tuch festhielten, es hat niemand mehr dazwischen gepasst und ich hatte ganz klar einen Satz dazu: „Du wirst getragen im Gebet!“ Normalerweise tue ich Bilder aus meinem Kopf als „eigene Gedanken“ ab, aber ich wollte es diesmal nicht, ich WOLLTE glauben, dass Gott dadurch mit mir gesprochen hat.
(Es hatte sich hinterher auch bestätigt, dass wirklich sehr viele Leute für mich und unsere Familie gebetet haben.)
Dann machte ich mir aber noch Vorwürfe:
„Selbst Schuld, was sprichst du auch so was Blödes aus?
Du wusstest doch, dass Worte Macht haben.“
Schon am Montag darauf war ich 30 km von unserem Wohnort entfernt bei einer Ärztin, die an diesem Montag gleich noch einen zweiten Tumor entdeckte - die Tumore lagen nebeneinander ... Es folgten Gewebeproben und unzählige Untersuchungen ... „Von Hacke bis Nacke“, wie Frau Doktor so schön sagte ...
Am schlimmsten waren die Wartezeiten bis man endlich die Ergebnisse der vielen Untersuchungen bekam, mit denen man auch nicht viel anfangen konnte oder wollte, auch wenn es die Ärztin noch so schön erklärt hatte ...
Im Jakobusbrief steht:
„Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des HERRN. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der HERR wird ihn aufrichten; ...“ (Jakobus 5,13-15a)
Genau das wollten wir. So riefen wir Freunde an (aus unserer vorherigen Gemeinde), von denen wir wussten, dass sie für uns beten und uns salben würden und setzten es auch bald in die Tat um.
Wir dachten, dass die Tumore beim nächsten Arztbesuch nicht mehr zu sehen sein würden, dem war nicht so, aber nach der Salbung und den Gebeten war mir wesentlich „leichter“ um ́s Herz.
Eine OP zur Tumorentfernung stand an. Sie sagten, sie würden den
Wächterknoten gleich mit herausnehmen, um zu sehen, ob er evtl.
schon von Metastasen befallen sei ...
Wie benebelt wachte ich im Aufwachraum auf und schon bald wurde ich von einer sehr jungen Patientin gefragt, was man denn bei mir gemacht hat. Ich antwortete nur knapp: „Tumore entfernt“, daraufhin erschrak sie etwas. Ich fragte mich „Warum?“. Ich ging davon aus, dass alle Patientinnen, die hier operiert werden so ziemlich das gleiche haben ...
Also fragte ich sie: „Und bei dir?“ Auf diese Antwort, die dann kam, war ich absolut nicht vorbereitet und musste nochmal nachfragen: „Was?“ Sie sagte noch einmal: „Mein Kind weggemacht.“ ...
Mich überfiel eine unendliche Trauer und ich dachte nur "Ganz ruhig! Jetzt nur nichts unüberlegtes sagen!" und meinte nach einer Weile: „Ich könnte das nicht.“, worauf sie - teils wütend auf sich selbst und teils traurig - antwortete: „Ja, ich frag mich auch schon die ganze Zeit, was ich hier eigentlich mache ...“
Die Schwester kam und schob mich mit meinem Bett aus dem Raum. Ich winkte der jungen Patientin kurz zu und sagte mitfühlend: „Alles Gute für dich!“, und bat Jesus in meinen Gedanken in ihr Herz zu kommen, damit sie ihr Kind wenigstens im Himmel sehen kann.
Den ganzen Flur entlang bis zu meinem Zimmer habe ich geweint, ich weinte als hätte ICH gerade ein Kind verloren ...
Die Schwester dachte es käme noch von der OP und versuchte mich zu beruhigen „ich hätte es doch geschafft, die OP liegt hinter mir“. Ich sagte: „Nein, es ist nicht wegen mir, es ist wegen dem Kind. Hätte ich gewusst dass da jemand sein Kind wegmachen lassen will, dann hätte ich auf sie eingeredet. Ich hätte es sehr gerne genommen.“
Ihr Lachen klang in meinen Ohren wie ein "Auslachen" und sie sagte nur zu mir: „Sie sind zu gut für diese Welt ...“ und damit war es für sie erledigt. Ich verstand das nicht. Ich brauchte noch sehr lange um alles zu verarbeiten.
Mein Mann wartete auf dem Flur vor meinem Zimmer auf mich. Es war gut, dass er da war.
Uns wurde gesagt, dass während der OP der Wächterknoten ins Labor gebracht wurde und man keine Metastasen gefunden hat.
Wir waren erleichtert und sollten in ca. 1-2 Wochen wieder kommen - „zum Abschlussgespräch“ ...
Als wir dann zum genannten Termin in die Klinik kamen, stand die Ärztin schon auf dem Flur und rief uns zu:
„Sieht GAR nicht gut aus, sieht GAR nicht gut aus.“
„? Was genau meinte sie, es war doch alles in Ordnung ... Oder etwa nicht?“, schoss es mir durch den Kopf.
Nachdem wir uns erst einmal setzen sollten, erklärte sie uns, dass die Untersuchung des Wächterknotens während der OP nur „grob“ durchgeführt wird und dass man dann in der Feindiagnostik doch eine Metastase entdeckt hat ...
Ich saß in meinem Stuhl und hatte das Gefühl, dass die Stimme der Ärztin immer weiter weg ging, ich hörte sie sozusagen nur noch aus der Ferne. Ich konnte gar nicht mehr klar denken und war froh dass Andreas dabei war und für mich alle Fragen gestellt hatte und die Antworten entgegennahm. Ich rang innerlich nach tröstenden Worten, die ich irgendwann vielleicht mal in der Bibel gelesen hatte, aber da war nichts. Es war alles weg - Blackout - eine dunkle kalte Leere erfüllte mein Innerstes und mir war, als hätte mich die blanke Angst umarmt.
Ich brauchte 3-4 Tage um mich davon zu erholen und das ging auch nur durch Gebet und ich las die Hiobsgeschichte, durch die ich von Gott getröstet wurde.
In den Jahren zuvor hatte ich mir in meiner Bibel immer Verse oder ganze Abschnitte bunt angestrichen, die mich besonders angesprochen haben und was erstaunlich war, genau diese Verse waren mir ein Trost:
Hiob - ein sehr reicher Mann - nachdem er MIT EINEM MAL ALLES verloren hatte, ALLES! Sein ganzes Hab und Gut und seine Kinder mit einem mal alle tot! - fiel auf die Knie und sagte als ERSTES folgenden Satz: „Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der HERR hat ́s gegeben, der HERR hat ́s genommen; der Name des HERRN sei gelobt!“ (Hiob 1,21)
Dieser Satz beeindruckte mich sehr - als ERSTES den Namen des HERRN zu loben, nachdem er in kürzester Kürze ALLES verloren hatte - Welch ein Glaube? Ich hatte nicht einmal daran gedacht Gott zu loben, als man mir die Diagnose „Krebs“ mitteilte ... zumindest nicht als ERSTE Reaktion ...
Hiobs Freund „Elifas von Teman“ sagte zu ihm:
„Du hast viele unterwiesen und matte Hände gestärkt, deine Rede hat die Strauchelnden aufgerichtet, und die bebenden Knie hast du gekräftigt. Nun es aber an DICH kommt, wirst du weich, und nun es dich trifft, erschrickst du!“ (Hiob 4,3)
Als hätte jemand mit MIR gesprochen ... Ja, es war Zeit für mich „Demut zu lernen“ ...
Ich las weiter: „Siehe, selig ist der Mensch, den Gott zurechtweist; darum widersetze dich der Zucht des Allmächtigen nicht. Denn er verletzt und verbindet; er zerschlägt und seine Hand heilt. In sechs Trübsalen wird er dich erretten und in sieben wird dich kein Übel anrühren!“ (Hiob 5,17-19)
Gott schenkte mir mit dieser Geschichte von Hiob eine neue Sichtweise. Ich fühlte mich nach und nach gestärkt und mein Vertrauen in Gott ist gewachsen, so dass ich heute keine Angst mehr vor dem Tod habe. Ganz im Gegenteil, ich verstehe jetzt, was Paulus meint mit: „Denn es setzt mir beides hart zu: Ich habe Lust aus der Welt zu scheiden und bei Christus zu sein, was auch viel besser wäre; aber es ist nötiger im Fleisch zu bleiben um euretwillen*.“ (Philipper 1,23-24) *dabei denke ich an unsere Kinder
Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ich das Glück habe eine Tante zu haben, die all das schon zweimal durchgemacht hat und mir viel Mut zugesprochen hatte. Sie sagte z. B. „Du wirst sehen, das hat Tiefgang! Und außerdem, Gott hat doch sowieso schon den letzten Tag vorherbestimmt, der stand schon fest, da warst du nicht einmal geboren - also: ob nun MIT oder OHNE Krankheit!“
Das wiederum erinnerte mich an zwei Sätze die mein Opa mal sagte:
„Wir sterben nicht wegen einer Krankheit,
wir gehen heim, weil Gott uns ruft!“
Und: „Gott bewahrt uns nicht vor Allem, aber IN Allem.“
Eine weitere OP stand nun an, die Lymphknoten aus der Achselhöhle mussten entfernt werden, um zu sehen, ob dort auch schon Metastasen durchgerutscht sind. (Das Lymphsystem kann man sich wie eine Art „Filteranlage“ vorstellen.)
Die Ärztin sagte uns, wenn sie unter 3 Metastasen finden, dann reicht eine „Tabletten-Therapie“, sind es über 3, dann wird immer eine Chemotherapie empfohlen.
Von 13 herausgenommenen Lymphknoten waren 4 befallen ... Nun musste ich also doch eine Chemotherapie über mich ergehen lassen, sie ging am 09.12.2015 los. 8 mal musste das Zeug durch meinen Körper und alle 14 Tage sollte es so sein.
In der Klinik traf ich auch meine Schwiegermutter, wir saßen immer nebeneinander mit unserem „Tropf“.
Das war seltsam, dass wir fast zeitgleich die gleiche Diagnose bekamen, aber doch auch irgendwie schön, dass sich da keiner von uns alleine mit auseinandersetzen musste ...
Die Krankenkasse genehmigte mir ein Taxi zur Chemo. Dem Taxifahrer erzählte ich auch hin und wieder von meinem Glauben an Jesus.
Am 28.12.2015 hatte ich schon einige Haare verloren, aber man sah es noch nicht sofort. Und deshalb sagte ich zu meinem Mann „Vielleicht ist es ja das letzte Mal heute, dass ich meine Haare wasche ...“
Ich hatte mich innerlich drauf eingestellt, dass mir Andreas die letzten Haare abrasiert - 1 Woche später oder so, und doch hoffte ich immer noch, vielleicht trifft es mich ja nicht ...
So hielt ich meinen Kopf unter die Brause und hielt kurz die Luft an ... denn es war als würde mir jemand eine Mütze ganz langsam nach hinten ziehen. Ich fasste vor Schreck an meinen Kopf - „Ja, Haare sind noch dran.“ Shampoo rein und waschen ... „was ist das für ein Filz an den Spitzen, wie ein Filzknäuel?“ ... „Schnell eine Spülung rein und dann ist alles wieder in Ordnung“ ... „Denkste!“ ... Jetzt war ich schon etwas hysterisch und weinte vor mich hin - ich glaub ich stand unter Schock - jetzt ging es mir wohl doch zu schnell? Ich rief meinen Mann ins Bad, er solle mich JETZT von den Haaren befreien, es war nichts mehr zu machen. Für ihn kam es auch etwas überraschend ... aber er tat es - ohne Worte.
Nun ging zum ersten Mal in meinem Leben ein Haarschneider über meinen Kopf, nun wusste ich was unsere Jungs immer damit meinten, wenn sie sagten: „das ist laut“ ... und ich immer nur sagte „Habt euch nicht so!“ ...
Meine Gedanken waren mit einem mal im Holocaust, wie schrecklich muss das für sie gewesen sein? Ich hatte wenigstens einen "Grund" warum mir die Haare gerade abrasiert werden ... Ich musste mir eingestehen: Mir geht es doch eigentlich gut!
Ein Tuch hatte ich mir ja bereits im Frühjahr bei eBay ausgesucht (ohne zu wissen, dass ich es bald brauchen werde) und als ich wusste, dass ich durch die Chemo muss, auch gleich bestellt ...
Mir ging es erstaunlich gut, nachdem die Haare dann endlich ab waren.
Nach 8 „Sitzungen“ in der Chemotherapie folgten noch 25 "Sitzungen" in der Strahlentherapie und im Juli 2016 fuhr ich nach Schönebeck in die Rehaklinik. Ich lernte Leute kennen und erzählte ihnen auch aus meinem Leben mit Jesus.
Heute bin ich körperlich immer noch schwächer als vorher, bin schneller müde und schneller erschöpft. Ich genieße es mit meiner Familie zusammen zu sein und ich liebe das Wort Gottes.
„Ich freue mich über dein Wort wie jemand, der einen wertvollen Schatz findet.“ (Psalm 119,162)
„Dein Wort ist meinem Munde süßer als Honig.“ (Psalm 119,103)
Ich habe erkannt „die Freude am Herrn ist meine Stärke“
(Nehemia 8,10) – ich darf schwach sein, denn „in den Schwachen ist der HERR mächtig!“ (2. Kor. 12,9)
„ER muss in mir wachsen, (mein) ich aber muss abnehmen!“ (Johannes 3,30)